Tierärzte und Tiermedizin in Spanien
Tierärzte sind ein wichtiger Bestandteil unserer täglichen Tierschutzarbeit.

Zur heutigen Situation in Spanien
Es gibt mehr Tierärzte als in anderen europäischen Ländern
Es gibt aktuell etwa 34.500 Tierärzte in Spanien; vor 20 Jahren waren es noch rd. 13.000 weniger. Etwa 9 700 Studenten sind im Fach Tiermedizin an einer der insgesamt 13 Lehrstätten des Landes eingeschrieben.
Die Zahl der Tierärzte ist im Vergleich zur Bevölkerungszahl die höchste aller europäischen Länder. Nur Dänemark hat in etwa eine vergleichbare Ärztedichte.
Tierärzte (pro Mio. Einwohner)
- Spanien: 606
- Dänemark: 564
- Deutschland: 426
- Niederlande: 348
- Frankreich: 269
Dass sich diese Situation in der Zukunft nicht ändern wird, lässt sich an der Zahl der für die Veterinärmedizin eingeschriebenen Studenten erkennen.
Quelle: https://www.portalveterinaria.com/upload/20211118155655Informe-CEVE-2021_web.pdf
Die Hälfte aller Tiermediziner sind Frauen
Historisch gesehen war der Beruf des Tiermediziners ein ausgesprochener Männerberuf. Für das Jahr 1953 werden in der amtlichen spanischen Statistik nur 7 Tierärztinnen ausgewiesen, dagegen 5 829 Tierärzte.
Ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre änderte sich dies grundlegend. 1990 gab es schon 2 790 Tierärztinnen und 2020 lag ihre Zahl bereits bei 17 555. Ein Jahr zuvor gab es erstmals mehr Tierärztinnen als Tierärzte in Spanien.
Quelle: https://www.portalveterinaria.com/upload/20211118155655Informe-CEVE-2021_web.pdf
Die Tiermedizin gehört dennoch weiterhin zu den Gesundheitsberufen mit dem geringsten Frauenanteil, wie die folgenden Zahlen (gerundet) zeigen:
- Zahnmediziner 57 %
- Physiotherapeuten 64 %
- Optiker 67 %
- Apotheker 72 %
- Krankenpflege 84 %
- Logopäden 94 %
Quelle: https://www.animalshealth.es/profesionales/numero-veterinarios-espana-alcanza-33752
Wie viel verdienen Tierärzte?
Eine Studie der Offiziellen Tierärztlichen Hochschule von Madrid (2017) kam zu dem Ergebnis, dass 58 % des Berufsstandes ein Jahreseinkommen von weniger als 24.000 Euro haben, und weitere 22,2 % sogar weniger als 12.000 Euro im Jahr verdienen.
Quelle: https://www.portalveterinaria.com/upload/20211118155655Informe-CEVE-2021_web.pdf
Insbesondere jüngere Arbeitskräfte und damit vor allem Tierärztinnen, die inzwischen das Gros der in den Arbeitsmarkt drängenden Fachkräfte stellen, leiden unter niedrigen Gehältern.
Die Lage vieler Tiermediziner hat sich verschlechtert
Eine aktuelle Analyse des Veterinärsektors Spaniens kommt zu dem Schluss, dass viele Tierärzte in den letzten zehn Jahren von verschlechterten Arbeitsbedingungen betroffen sind.
Dies wird zum einen auf die Wirtschaftskrise in Spanien zurückgeführt, zum anderen auf die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf tierärztliche Dienstleistungen für Haustiere von 8 % auf 21 %.
Quelle: https://www.portalveterinaria.com/upload/20211118155655Informe-CEVE-2021_web.pdf
Tierärzte selber sind Teil des Problems
Weltweit durchgeführten Umfragen ist zu entnehmen, dass viele Studenten der Tiermedizin davon motiviert sind, Tieren zu helfen. Dieses ist in Spanien nicht anders.
Das Interesse an Tieren, das sich meistens aus dem Besitz von Haustieren oder aus der Arbeit mit Tieren in landwirtschaftlichen Familienbetrieben ableitet, hat zur Folge, dass
- viele Absolventen der Hochschulen anschließend Tierärzte werden und
- ihren Beruf in einer Kleintierpraxis ausüben.
Infolgedessen herrscht in Spanien in diesem Tätigkeitsfeld ein hoher Konkurrenzdruck.
In anderen Tätigkeitsfeldern von Hochschulabsolventen der Tiermedizin, wie
- dem öffentlichen Gesundheitswesen,
- der Lebensmittelindustrie oder
- der Pharmazie,
ist es dagegen schwierig, die angebotenen Stellen zu besetzen.
Quelle: https://www.portalveterinaria.com/upload/20211118155655Informe-CEVE-2021_web.pdf
Wie man die Lage spanischer Tierärzte verbessern könnte
Ein Artikel in der Online-Fachzeitschrift „El Veterinario“ der tierärztlichen Vereinigung Madrids malt ein pessimistisches Bild der Zukunft des Tierarztberufs.
Der Autor stellt fest, dass vielen Fachkräften zukünftig nicht anderes übrigbleiben wird, als entweder
- auszuwandern,
- den Beruf zu wechseln oder
- zu skandalös niedrigen Preisen den Beruf auszuüben.
Um dies zu verhindern, müsse man
- die Zahl tiermedizinischen Fakultäten begrenzen, um die Absolventenzahl reduzieren zu können
- die Mehrwertsteuer für tierärztliche Dienstleistungen senken
den starken Wettbewerb kontrollieren und regulieren.
Eine der schnellsten Lösungen, um eine Verbesserung der Situation der im Tiermedizinsektor Tätigen zu erreichen, wäre die Spezialisierung der angehenden Tierärzte.
Die bisher kaum vorhandene Spezialisierung unter den Absolventen der Hochschulen hat zur Folge, dass ausbildungsmäßig keine Unterschiede zwischen den meisten von ihnen bestehen, wenn sie auf den Arbeitsmarkt kommen.
Die Spezialisierung innerhalb des Studiums ist bisher freiwillig.
Quelle: https://enelveterinario.com/el-futuro-de-la-profesion-veterinaria/
Die Schattenseiten des Berufs: hohes Selbstmordrisiko
Gesundheitsberufe sind Risikofaktoren ausgesetzt, die die psychische Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen.
Was Sie vielleicht überrascht, ist die Tatsache, dass das Selbstmordrisiko in der Tiermedizin doppelt so hoch wie in anderen Gesundheitsberufen ist.
Warum ist das so?
Eine Mitarbeiterin des Colegio de Veterinarios de Barcelona schreibt in einer Fachzeitschrift folgendes zu den möglichen Ursachen:
- Es treten immer wieder Konflikte zwischen den Interessen der Kunden und den Interessen ihrer Tiere auf, wenn es um die Frage geht, welche Behandlung sinnvoll ist.
- Es bestehen zudem Konflikte zwischen dem Anspruch auf persönliches Wohlbefinden und beruflicher Rolle, wie sie von Dritten gesehen wird.. Muss ein Tierarzt immer verfügbar sein, so wie es der eine oder andere Tierschützer oder Tierfreund erwartet?
- Ein Tierarzt muss schwierige ethische Entscheidungen treffen, beispielsweise: wie soll er vorgehen, wenn ein Kunde sich eine notwendige Tierbehandlung nicht leisten kann?
- Der Berufsstand ist routinemäßig an der Einschläferung von Haustieren und der Schlachtung von Nutztieren beteiligt. Dies ändert eventuell die Einstellung zum Tod und zur Euthanasie.
- Die berufliche Tätigkeit erleichtert den Zugang zu tödlichen Substanzen.
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